Wosamma???
Weltkarten auf denen Linien entlang der Breite und Länge eingezeichnet waren gab es schon im Altertum.
Sie dienten dazu jeden Ort der Welt anhand der Schnittpunkte der gedachten Linien zu bezeichnen.
Breitengrade sind die fiktiven parallelen Linien rund um die Erde. Von 0° am Äquator bis 90° an den
beiden Polen. Längengrade, die von Pol zu Pol verlaufen, teilen den 360°-Kreis
des Äquators auf. Nur wenn sich beide bestimmen lassen, kennt der
Seemann seine genaue Position auf dem Meer.
Doch selbst zu Beginn des 17. Jahrhunderts waren die erfahrendsten
Kapitäne auf hoher See häufig orientierungslos. Sie konnten die
geographische Länge ihrer Position nur schätzen.
Jeder fähige Navigator konnte damals zwar den Breitengrad bestimmen. Zu
einer festen Tageszeit maß er dazu den Winkel zwischen Sonne und
Horizont, konnte so seine Nord-Süd-Position berechnen. Doch den
Längengrad verriet der Quadrant dem Seemann nicht.
Wegen der Unfähigkeit, die genaue Position bestimmen zu können, drängten
sich die Schiffe auf immer gleichen Routen: Mit dem Nordost Passat von
Europa über die Azoren in die Karibik und in der Westwindzone zurück in die
Heimat. Leichte Beute für Piraten, die auf den altbekannten Passagen
lauerten. Unzählige Schiffe beladen mit Gold und Silber, Perlen und
Diamanten, Pfeffer Nelken und Zimt fielen ihnen zu Opfer. Strandräuber
lockten die Schiffe nachts mit falschen Signalfeuern auf die Klippen und im
Morgengrauen plünderten die Bewohner der anliegenden Dörfer die
Gestrandeten. Die Unfähigkeit den Längengrad zu bestimmen, führte zu
menschlichen Tragödien und enormen wirtschaftlichen Verlusten.
Kapitäne, Kaufleute zu London und Eigner von Handelschiffen verfassten
schließlich eine Resolution. Sie forderten von der Regierung endlich zu
handeln, sich der Dringlichkeit des Längengradproblems anzunehmen, eine
Kommission einzusetzen, Mittel zur Erforschung sicherer Lösungen
bereitzustellen. Im Juli 1714 verabschiedete das englische Parlament
schließlich eine neue Verordnung, den so genannten Longitude Act. Ein
fürstliches Preisgeld wurde ausgesetzt: 20.000 Pfund für den Urheber eines
Verfahrens, das die Bestimmung des Längengrads mit einer Abweichung von
höchstens einem halben Grad ermöglicht. Eine Summe, die nach heutigem
Wert mehreren Millionen entspricht.
Im abgelegenen Yorkshire lebte damals John Harrisson, ein Uhrmacher, der
beschloss an dem Wettbewerb teilzunehmen. Es sollte ein lebenslanger
Kampf für ihn werden. Harrison war eigentlich Tischler. Er hatte nie das
Handwerk des Uhrmachers gelernt. Als jungem Mann fiel ihm ein Buch über
Mechanik in die Hände, und seitdem beschäftigte er sich mit dem Bau von
Uhren, und zwar hölzernen Uhren, denn er verwendete die Materialien, die er
als Tischler kannte. In der Grafschaft machte er sich bald einen Namen. Ein
Lord Yarborough hörte von dem Uhrmacher und beauftrage ihn mit dem Bau
einer Turmuhr für sein Hofgut in Brocklesby Park. Das war im Jahre 1720.
Noch heute läuft diese hölzerne Uhr wartungsfrei und zeigt selbst nach 280
Jahren immer noch exakt die Zeit. Harrison baute das ganze Werk der Uhr
aus Holz. Sie kommt ohne Öl aus, braucht nie geschmiert zu werden, denn
die Lager sind aus Lignum Vitae, einem tropischen Hartholz, das selbst Fett
ausscheidet - über alle die Jahre. Zu jener Zeit gingen nur große Pendeluhren
auf festem Boden exakt. Doch Harrisson fasste den Plan, die erste Schiffsuhr
zu konstruieren und mit ihrer Hilfe dem Kapitän die Ermittlung des
Längengrades zu ermöglichen.
Die Erde dreht sich um 360° in 24 Stunden oder 15° in einer Stunde. Weiß
ein Seemann auf dem Meer, wann es 12 Uhr in seinem Heimathafen ist, zum
Beispiel Greenwich in England, und dauert es dann eine Stunde, bis bei ihm
die Sonne im Zenit steht, dann liegt sein Schiff 15 Grad westlich von
Greenwich. Also kam es darauf an, die genaue Zeit des Heimathafens zu
wissen, auch wenn man Tausende von Seemeilen entfernt die Meere
durchkreuzte.
Die königliche Sternwarte Greenwich wurde damals zum Sitz des "Board of
Longitude". Diese Jury aus Naturwissenschaftlern, Marineoffizieren und
Regierungsbeamten hatte freie Hand bei der Vergabe der Preisgelder. Sir
Edmond Halley war als königlicher Astronom Mitglied der erlauchten
Kommission und der berühmte Mathematiker Isaac Newton ihr
einflussreichster Berater. Newton und die Astronomen waren davon
überzeugt, dass die Lösung des Problems alleine in der Ordnung der
Gestirne zu finden war. Man kannte die Art der Zeitbestimmung an Hand der
Position der Jupitermonde, und man arbeitete fieberhaft an einer Methode zur
Messung der Monddistanzen zu den Fixsternen .
Galileo Galilei hatte schon früher als erster die lange gesuchte Himmelsuhr
entdeckt: Vier Monde, die den Jupiter umkreisen. Verfinsterungen der
Jupitermonde gab es tausendmal im Jahr, und zwar so vorhersehbar, dass
man eine Uhr danach stellen konnte. Doch an Bord eines Schiffes ließen sich
die Trabanten des Jupiters nur schwer beobachten und allzu oft waren sie
nicht zu sehen. Galileis Vorschlag war von der Kommission abgelehnt
worden.
Harrisons Uhren arbeiteten weitgehend reibungsfrei, und er hatte eine Lösung
für das Problem der Temperaturschwankungen gefunden. Denn bei Wärme
dehnte sich das Metall der Pendel aus, die Uhren gingen langsamer, bei Kälte
zogen sie sich zusammen und gingen schneller. Harrison konstruierte ein
Pendel aus Messing und Stahl. So hoben sich die unterschiedlichen
Ausdehnungen der Metalle gegenseitig auf. Eine dringende Vorraussetzung
für Schiffe, die alle Klimazonen durchfuhren.
Im Sommer 1730 stellte Harrison sein Projekt der Kommission in London vor.
Man gewährte ihm ein zinsloses Darlehen, um seine Pläne für eine Schiffsuhr
zu verwirklichen. Wie eine Besessener arbeitete er fünf Jahren an der Uhr,
die er schlicht H1 nannte. Im Mai 1736 war es endlich soweit. Die Admiralität
stimmte einem Test der Uhr zu. Harrison begab sich auf die erste Seereise
seines Lebens. Lissabon war das Ziel. Die raue See und das rollende Schiff
ließen die Uhr mehr als einmal aus dem Takt kommen. Auf der Rückreise war
das Meer ruhiger, und die H1 ging bedeutend genauer. Vor der englischen
Küste berechnete er eine andere Position als der Kapitän und rettete das
Schiff vor dem Untergang.
In den folgenden Jahren widmete er sein Leben der Verbesserung und
Neukonstruktion seiner Schiffsuhren. 19 Jahre arbeitet er an der H2, H3 und
schließlich seiner H4, einer überdimensionalen Taschenuhr. In dieser Zeit
machte er weitere bedeutende Erfindungen. Er setzte den ersten
Bimetallstreifen zur Temperaturkompensation ein, entwickelte geschlossene
Kugellager. Erfindungen, die bis heute Bestand haben.
Ende 1761 machte sich Harrisons Sohn William an Bord der Deptford auf den
Weg nach Jamaika. Die offizielle Erprobungsreise der H4 nach den Statuten
des Longitude acts. Die Atlantiküberquerung dauert fast drei Monate. Ein
Astronom als Abgesandter der Längengradkommission nahm die
Überprüfung vor. Das Ergebnis war eine Sensation: Die H4 hatte nur fünf
Sekunden verloren: Fünf Sekunden in einundachtzig Tagen auf See!
Zurück in England trat die Längengradkommission zusammen. Der Preis
hätte sofort an Harrison gehen müssen, denn seine Erfindung erfüllte die
Bedingungen des Longitude Acts, doch alles schien sich gegen ihn zu
verschwören. Jahrelang quälten die königlichen Astronomen den alten Mann.
Sie wollten die Monddistanz-Methode durchsetzen. Man zweifelte die
Messungen von Jamaica an, verlangte eine zweite Erprobungsreise, zitierte
Harrison wiederholt vor die Kommission, verlangte die Herausgabe aller
Konstruktionszeichnungen und forderte den Bau zweier weiterer Uhren -ohne
Vorlagen und Pläne. Trotz hohen Alters gelang es Harrison, in fünf
Jahren eine der geforderten Uhren zu bauen. Doch das Preisgeld erhielt er
immer noch nicht.
In seiner Verzweiflung wandte er sich an den König. Dieser erkannte, wie
Harrisson mitgespielt wurde, umging die Kommission und appellierte direkt an
das Parlament. John Harrison wurden noch im selben Jahr 8.750 Pfund
Preisgeld zugesprochen.
John Harrison konnte weder seinen Reichtum noch seinen Ruhm lange
genießen. Der einfache Uhrmacher vom Lande, der den Seefahrern der Welt
die sichere Navigation schenkte, verstarb am 24. März 1776. Gegen alle
Widerstände war es ihm gelungen, mit Hilfe der 4. Dimension, der Zeit,
Punkte auf unserer dreidimensionalen Erde eindeutig bestimmbar zu machen.
Auch Heute ist Zeit der Schlüssel zur genauen Positionsbestimmung,
unabhängig von der Wetterlage und mechanischen Unzulänglichkeiten,
verfügbar überall und jederzeit. Das amerikanische Militär installierte Anfang
der 80er Jahre eine künstliche Himmelsuhr. 24 Satelliten umkreisen die Erde
seitdem auf festen Umlaufbahnen. Es sind die Satelliten des Globalen
Positions-Systems GPS. Sie senden ein synchrones Zeitsignal zur Erde.
Empfängt ein Gerät die Signale, so misst es die Laufzeitunterschiede
zwischen den verschiedenen Satellitensignalen, und aus der Differenz von
Millionstel Sekunden berechnet es die exakte Position auf unsere Erde. Ein
System, das längst Alltag geworden ist, nicht zuletzt bei den
Navigationssystemen, die heute in Schiffe und Autos eingebaut werden.
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